Alltag

20
Feb
2021

#25

Haigha war betrunken. Dreiviertel betrunken könnte man sagen. Party-Betrunken, lustig betrunken, unpeinlich betrunken.

M war drauf und dran mit N zu bendeln. Haigha hatte damit wenig zu tun. Er war den ganzen Abend über die Feierlickeit geirrt. Irgendwie war es langweilig.

M fragte Haigha nun ob er wisse dass sie sich hätte eine Beziehung vorstellen können.
Klaro. Man hatte jahrelang zusammen gelebt. Eine WG lediglich. Aber schon intim.
Haigha konnte nicht umhin an die eine Szene zu denken. Man war zu dritt in der Sauna, J, M und Haigha. Er lag da und genoss schon vor dem ersten Aufguss die erste Hitze als J. ihm das Handtuch runter zog.
Ein schwacher Scherz der M besonders getroffen haben muss. Sie war nie sonderlich sexuell, dennoch da einem Mensch entsprechend gepolt. Sie sagte Haigha danach öfters dass sie seinen Schwanz gesehen habe.

Es gibt keine Relationen, wie auch immer die Wellen schlagen.

Haigha war fasziniert als M ihm neulich, Jahre später, sagte dass er anstrengend und immer ein schwieriger Mensch gewesen sei.

"Aha, aber was genau? Ich bin schwierig?"

H sagte wörtlich: "Du ist ein Mensch von vielen Gesichtern und es ist anstrengend zu wähnen wo man gerade ist."

Schmeichelhaft, sehr schmeichelhaft.

M. war da härter mit ihren 6 Punkten:

1. Dein Alkoholkonsum

Dazu gibt es nichts zu sagen. Haigha war damals viel schlimmer. Er liebte Alkohol, es war seine Droge. Er brauchte und wollte es.
Ms Eltern hatten nach dem Aus mit ihrer Schwester N mal gefragt was Haigha so treibe und sie antwortete nur "Trinken". N hatte ihm das später erzählt. Irgendwie beleidigend. Korrekt, aber beleidigend.

2. Damals keine richtige Zukunftsperspektive

Die hat er heute auch nicht. Klar, einen Job mit hoher Verantwortung und guter Bezahlung. Soll heißen, keine Zukunftsperspektive.
Aber ja, warum anders zu deuten? Wer glaubt dass Gehalt und berufliche Integrität eine Bedeutung haben muss wissen was Zukunft bedeutet.
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft war immer nur der Dauersturm in Haighas Kopf gewesen. Die sich überschlagenden Wellen, wo die eine Aufbäumung gleich von der anderen abgelöst wird.
Haigha hat keine "Zukunftsperspektive". Der Hase hat seine Ventile, Dämme und Mauern. Die sind das was gerae herrscht, alles voller Brüche. Zukunft ist ein Sack Reis, ein Missverständnis, eine Diagnose oder ein Unfall. Perspektive ist ein Tiger im Busch.

3. Super dickköpfig; willst deinen Willen immer durchsetzen und bist oft pissig wenns nicht klappt.

Eines Tages saß sie auf Haighas Platz, einem Sessel vor dem WG-Fernseher. Wütend, so wütend wurde er. Sogar bei Aufforderung verlass sie den Platz nicht. Scheiß auf den Platz, aber was soll das?
Man sprach nicht miteinander. Tagelang nicht.
Darauf spielt sie wohl an.
Aber ansonsten? Keine Ahnung. Vielleicht stur. Kontrollfreak? Eventuell. Kann sein.

4. Diskussionen mit dir können echt anstrengend sein

Oh, das kann sein. Haigha hielt sich tatsächlich für schlau, interessant zumindest. Die Sache ist die, er kann sich gut Sachen merken. Erst gestern hatte er mit Hegel argumentiert ohne Hegel jemals gelesen zu haben. Er hatte viel über ihn aufgeschnappt und es zeigt sich dass Halbwissen beeindruckend genug ist um zu gewinnen.

5. Du bist manchmal zu nachtragend

Haigha pfelgt über sich zu sagen: "Ich bin der Elefant."
Stimmt aber nur zum Teil. Die eigentliche Wut auf Menschen hält bei ihm nur sehr kurz. Danach ist alles nur noch Wettbewerb. Menschen und deren Dinge interessieren ihn hoffentlich nicht genug um mich über längere Zeit zu verstricken.

6. Deine Meinung ist immer die beste. Du hältst sehr viel von dir selbst.

Schon, ja. Jajaja. Aber das klingt von außen so einfach. Wie jeder Mensch ist er einfach der Überzeugung dass seine visuelle und kognitive Welt die Realität schlechthin sein muss. So ein Blödsinn, aber je mehr man die Wirklichkeit verneint, desto lustiger ist das So-tun-als-ob.
Pchiu, da explodiert seine Vorstellung von der Welt. Was soll das alles, was mache ich hier. Du bist doch dumm. Hast du nicht die Explosion gesehen? Da, der Atompilz. Sag doch was.

9
Jun
2018

#22

Ich stelle mir regelmäßig ein bestimmtes Szenario vor.

Ich sitze in einem Zimmer, in dem alles in ein grün-grau-schwarzes Zwielicht gehüllt ist. Kaum ist es klar wo das wenige Licht herein tritt, aber die Art des Scheins lässt erahnen dass es von der rechten Seite des Blicksfeldes kommt. Vermutlich verstaubte Fenster mitsamt des Sonnenuntergangs draußen. Oder Aufgang, aber wen juckts?

Auf der rechten Seite des Raums in einem Sessel sitzend hat der Erzähler der Situation seinen Blick auf den Ausgang in den Hausflur gerichtet.
Kein Mucks rührt sich, rein gar nichts. Ultimative Stille.
Hier in diesem Raum, links von der Tür zum Flur, da befand und befindet sich noch die alte Hundedecke. Das Vieh hat damals oft eine Menge Lärm verursacht. Dämliches Vieh, aber witzig wars.
Wann hat sich das Tier eigentlich zum letzten Mal bewegt? Keine Ahnung. Es liegt da und rührt sich gerade definitiv nicht. Muss Monate her sein. Lässt sich von hier aber auch schwer prüfen. Es liegt auf der Seite, Rücken und Kopf zur Wand brav auf seiner Decke. Gutes Tier, wie sehr es doch mochte draußen Stöcke zu jagen.

Apropos, Frau und Kind habe ich auch ewig nicht mehr gesehen. Da war was, ich bin mir fast sicher. Rufe? Schreie? Mein Name?
Der Blick in den Flur auf die Treppe nach oben gibt auf jeden Fall keine Informationen preis.
Sauber gemacht wurde definitiv schon länger nicht mehr. Meine Frau war ja immer sehr fleißig gewesen, obwohl es mit dem Kind etwas nachgelassen hatte. War eben immer viel zu tun.
Geschrei hier, Flasche dort, volle Windel an jeder Ecke.
Was für eine aufbrausende Zeit.

Aber ich höre rein gar nichts. Kein Geschrei oder einen Staubsauger. Auch nichts von draußen, keine Ahnung, Vögel oder so.

Irgendwie auch schön, die Ruhe. Ich hatte immer das Gefühl überall zu viel zu arbeiten. Daheim, auf der Arbeit natürlich, überhaupt.

Ich würde ja die Augen schließen um das alles zu genießen, aber irgendwie will es nicht so ganz funktionieren. Mein Blick ist in den Hausflur gerichtet, an der Hundedecke und dem Hund vorbei. Brav liegt er da.
Wo sind eigentlich Frau und Kind?

Ich würde ja aufstehen, aber dieses Brennen und Jucken in der Rückengegend lässt nicht nach. Ich erinnere mich noch als ich zum letzten mal nach geschaut habe.
Es war feucht, fühlte sich sehr empfindlich an und es war schwer auszumachen wo Rücken aufhört und Sessel anfängt.
Wobei, ist das überhaupt so geschehen? Wenn ich in mich gehe würde ich das schon bejahen, aber schwören könnte ich es nicht.

Riecht es hier eigentlich komisch? Ich habe das Gefühl, dass es das sollte. Alles so alt und so...starr.

Nur nochmal kurz die Stille genießen. Bleib nur liegen, süßes Tier. Sogleich wird wieder Leben ins Haus stürmen, wenn der Kinderlärm aus den Armen der Mutter die Treppen runter stapft. Dann darfst du aufspringen und mit dem Schwanz wedeln, wie immer, wie früher.
Ich brauche noch ein paar Minuten. Gebt mir noch ein paar Minuten. Bin gleich mittendrin. Aber noch höre ich nichts.

25
Jun
2017

Motorisierte Evolution

Haigha war nie ein besonders guter Autofahrer gewesen. Unfallfrei, ja. Aber definitiv potenziell gefährlich. Oftmals hatte er sich betrunken hinters Steuer gesetzt aus den klassischen "Ich will aber zuhause schlafen"-Gründen. Auch Wegbiere wurden sehr häufig im Auto zu sich genommen.
Mit einer gewissen Arroganz schmunzelte Haigha, wenn die Polizei an ihm vorbei fuhr, seine Bierdose unsichtbar im Autogetränkehalter und seinem Magen, seinem Blut zugleich wissend.

Neuerddings war es aber anders.
Ihm erschien die Fahrt zu seiner Arbeit als eine Art evolutionärer Test. Ja, als ein Sinnbild seiner persönlichen Entwicklung schlechthin.
War das richtig, war das wichtig?
In seinem Kopf sah es so aus:

Er hatte einen Kleinwagen mit sehr beschränkter Beschleunigung und nur qualvoller Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h (im Fahrzeugschein waren 120 km/h eingetragen), was heißen soll, daß man mit einem beschränkten Vehikel bestückt war. Wer aus welchem Grund auch immer Erster sein will kann sich nicht auf die Fähigkeiten der Glieder verlassen die einen tragen, also was will man machen?
Haigha fand schnell heraus was das Geheimrezept war, und zwar, Kaltschnäuzigkeit.
Obskure Überholmanöver, Drängeln, Schneiden und Geschwindigkeitsüberschreitungen insbesondere waren Teil davon.
2 Monate später hatten sich auch knappe 200 Euro und 1 Punkt angesammelt.
Aber wer gewinnen will muss Risiken eingehen.

So gab es auf halbem Weg zur Arbeit einen Kreisverkehr, den Autos und LKWs aus verschiedenen Städten und Richtungen überqueren mussten.
Das war der Wendepunkt. Hier ging nur eine Abfahrt zur nächsten Stadt. Hier entschied sich ob man 5 Minuten vorher oder später irgendwo ankommt.

Die Theorie ist folgende:
Wenn man auf dem Weg zum Kreisel schon von einem alten Sack oder einer fahrunsicheren Hausfrau ausgebremst wird, ist das nicht die Summe der Verspätung. Denn mit etwas Pech schiebt sich ein Traktor oder LKW im Kreisel Richtung Stadt. Das wars dann. 80km/h für die nächsten 10 Minuten.
Nun, die Straßen vor dem Kreisel sind eng, es gibt eine 70er-Zone und Hügel. Aber ein Überholmanöver an dem Normalen führt nicht nur zu einem höheren Platz in der Rangliste, sondern, wenn man dem LKW zuvor kommt, gleich zu einem vielfach größeren Erfolg.

Haigha zieht raus und riskiert den Hügel und somit ungesehenen Gegenverkehr. Die Konzentration und der eventuelle Frontalunfall hindert ihn dem Überholten einen genervten Blick zuzuwerfen. Was für eine Farce. Wen interessiert der ganze Scheiß eigentlich?
Im Rückspiegel, ein angespannter alter Mann sich an sein Lenkrad klammernd.

Alte Menschen fallen in der Evolution eben zurück. Also, nicht der Gesamtevolution, sondern Haighas Evolution.
Behinderungen belasten ihn nicht nur einfach, sondern am Kreisel eventuell mehrfach.
Schnelleren Autos kann man zumindest das Leben schwer machen. Ausbremsen, Beschleunigen wenn man überholt wird, Drängeln, alles die Methoden der Kaltschnäuzigkeit.

Haigha dachte drüber nach ob das alles eine evolutionäre oder eher pathologische Analogie sei. Nicht zuletzt als in der Stadt ein Fußgänger vor ihm über den Zebrastreifen ging und er sich dachte, daß es sicherlich ein psychopathischer Klassiker sei in diesem Moment zu denken:

"Ich könnte, wenn ich wollte."....

...und ihn wie ein Gott innerhalb der Evolution zu verschonen.

18
Jun
2017

#21

Vielen Dank, André, daß du mich gefragt hast wie es mir geht.

Gott weiß, diese Frage war nie und ist nie leicht zu beantworten.
Momentan hänge, mein Lieber, dem selben Elend wie letztem Jahr nach oder an. Ich bin ständig beschäftigt. Das alte Depression mit Erschöpfung tauschen.
Ich habe teilweise weniger als 4 Stunden Ruhepause am Tag. Gefühlt sind es aber 0, denn entspanne ich weder vor der Arbeit, denn es ist vor etwas, noch nach der Arbeit, denn es ist vor dem Vortag.
Komisch, aber ich finde keine Ruhe, es sei denn am Ende eines Tages vor einem freien Tag.
Wie damals in der Schule. Samstag ist an sich der einzige freie Tag. Frei am Morgen und am nächsten Tag ist auch nix.

Hier hat sich nichts geändert. Ich liebe dich. Du bist mein Mann und ich bedauere unsere Stille, an welcher ich Schuld bin. Ich arbeite größtenteils Spätschicht und wegen den oben erwähnten Gründen habe ich keine Freizeit. Du bist mir unsäglich wichtig. Ich bin ein klassischer Enttäuscher, aber du zumindest bist nicht willentlich betroffen.

I´m trash.

2
Dez
2016

Lumpen

Haigha stand auf der Empore der ersten Etage als L. durch die Haustüre trat. Beladen war sie, mit einer kleinen Tasche und einem Zugkoffer, trat über die Schwelle, schaute hinauf und ging in einen der unteren Räume.
Verwirrt, aber nicht dumm. Es war etwas sehr im Argen. Einem Gefühl von Schock, welches lediglich Millisekunden anhielt, folgte abgeklärte Gewissheit.
Haigha stieg die Treppen runter und begrüßte seine von der Klassenfahrt heimkehrende Partnerin. "Ich habe dich eigentlich gar nicht vermisst."

Damals, lang ist es her, war Haigha vielleicht noch ein anderer Mensch. Trotz all der lästigen Lektionen des Lebens vielleicht nach wie vor ein trotziger Schüler.

Tage später legte er während einer Autofahrt die Hand auf den Oberschenkel von L., welche sie sofort zurück wies. "Du tust so als sei alles in Ordnung, aber gar nichts ist in Ordnung."
Blödsinn, hab ich gar nicht.

An ihrem Heim ankommend tat Haigha etwas, daß ihn bis heute ein wenig stolz macht.

"OK, keine Diskussion mehr. Führen wir das jetzt weiter oder nicht?"
"Ich weiß es nicht, kann mich nicht entscheiden."
"Du steigst nicht aus, bevor du dich entschieden hast."
"Dann wohl...nein."
"OK. Tschüß."

Auf dem Heimweg führte der Hase dann Selbstgespräche.

"Na, dann bist du jetzt also wieder Single. Sehr schön, war es eh nicht wert. Zeitverschwendung. Und damals, als sie wollte, daß ihr mit dem anderen Typen in einem Zimmer schlaft. Was sollte das? Und natürlich hatten T. und J. eh schon gesagt, daß sie dich als Statussymbol empfand. Das war alles nix. Zeitverschwendung. Menschenzusammenseinspheromonfortpflanzungsblödsinn."

Das war das erste Mal daß Haigha zum Erbrechen aus den Träumen gerissen wurde. 3 Liter Rotwein trafen den Boden.
War es peinlich gewesen? Pathetisch?
Am Vorabend hatte er ihre Sachen zurück gebracht. Nach der zweiten Flasche nochmal ins Auto und alles vor die Füße geworfen.
"Das war ein Geschenk für dich."
"Nimm es zurück. Deine Unterwäschenbilder gehören nicht zu deinem Ex."

Nach einer tottraurigen Umarmung der Mutter war es vorbei gewesen.

Was war das eigentlich alles gewesen?

Menschen gehen Beziehungen ein, knüpfen Alltag, Emotionen, Körper, Vertrauen und Zukunft aneinander und dann ist es vorbei. Wird ersetzt oder als unnütz empfunden.

Haigha stand nur da wie ein verlassener Hase.

Was war jetzt passiert?

10
Jun
2016

#20

Was muss einem eigentlich auf den Hinterkopf gehauen werden, damit man einfach ohnmächtig umfällt?
Ich habe in den verschiedensten Horrorfilmen schon alles mögliche gesehen, aber ein Hammer scheint seinen Zweck zu erfüllen. Ted Bundy schwor ja auf ein Brecheisen, und hey, der Mann war ein Profi.

22
Okt
2015

#18

Ich bin kein Arschloch, wirklich nicht. Es ist gar nicht so, als wäre es meine Tendenz mich rechtfertigen zu wollen. Ich finde nur, daß es ganz gut zu den bisherigen Texten passt. Potenzieller Serienmörder, potenzieller Amokläufer, Menschenhasser oder Kinderhasser insbesondere?
Und ob, ich denke oft drüber nach Menschen umzubringen, größtenteils wegen meiner immensen Rachsucht. Aber selbst im Gerichtsgebäude würde ich noch vermuten, daß ich kein schlechter Mensch bin.

Die Psychologen sagen immer, daß das Nehmen eines Lebens für die menschliche Psyche etwas wäre, was sie komplett verändert. Das Nehmen einer Existenz sei einer Initiation gleich. Alles verändernd.
Ich war immer gerne gewillt das ähnlich zu sehen, bin neuerlich aber von abgekommen. Wenn wir schon von Grenzüberschreitung sprechen, ist doch nicht das letzte Gänsefüßchen entscheidend, sondern der Weg dahin.

Ich muss etwa 18 gewesen sein, als ich mich mit einer Bekannten traf. Wir gingen gemeinsam zum McDonalds, wo ich nichts aß, sie aber einen kleinen Salat ohne Dressing. Es hätte mir auffallen sollen, auch ihr Körperbau, aber man unterstellt natürlich auch ungerne.
Danach gingen wir Alkohol kaufen. Sie war schon hübsch. Langes blondes Haar, knappe Gothic-Kleidung, naives Lächeln. Dürr, keine Frage. Knochig.
Wir gingen zur sogenannten Panzerwiese, bereits viel Alkohol zu uns nehmend und lachend. Ich glaube, sie hatte einen Freund, aber war schon sehr eindeutig.
Als wir oben ankamen waren wir sicherlich 15 Leute und die Stimmung war ausgelassen. Beste Zeit. Sommer, Wiese, Alkohol, Unfug reden und machen. Sie kam sogar mit dem fremden Rest recht schnell klar und ich musste mich schnell nicht mehr um sie kümmern. Einer meiner großen Fehler ist es, beim Konsum von Alkohol philosophieren zu wollen und natürlich hatte ich mich mit einer Person festgequatscht, als sie mich plötzlich antippte.

"Willst du mit mir in den Wald gehen? Ich muss mal."
"Nee, das schaffst du schon."

Kurze Zeit später war es geschehen. Ich sah sie im Augenwinkel auf sich erbrechend und zur Seite drehend. Das führte zum allgemeinem Gefallen, weil sie offenbar keine Unterwäsche trug.
Sie war kaum ansprechbar und ich nahm sie Huckepack und trug sie zum nächsten Krankenhaus, welches zum Glück nur etwa 15 Minuten entfernt war. Dort wurde uns gesagt, daß man nichts machen kann und will. Das war dann eben so.
Sie war zu dem Zeitpunkt schon wieder fähig auf ihren Füßen zu stehen, allerdings nach wie vor stark benebelt. Ich stützte sie auf dem Weg zum Bahnhof, während sie meinen Hals küsste und wollte, daß ich sie mit zu mir nehme.
Das war zu keinem Zeitpunkt mein Plan gewesen. Ich rief ihren Vater an, welcher sich gerade in einem Brauhaus am besaufen war und erklärte ihm, daß seine Hilfe gebraucht wurde. Er setzte sich ins Auto und holte sie ab.

Ich bin mir nicht mal sicher, ob das ein gutes Beispiel ist. Aber ihr wisst schon, ich hätte können. Stimmts? Ich hätte einen sexuellen Trieb in der nächstbesten Wiese befriedigen können.

Ach, das Beispiel ist nicht gut.

Lasst mich überlegen. Ich habe bestimmt mal was Gutes getan....

Ach, egal. Darum soll es ja auch nicht gehen. Was ich sagen will ist, seid bitte nicht so urteilend gegenüber Menschen die Schlimme Dinge tun. Verzweiflung kennt keine Grenzen, genau so wie Rachsucht.
Schaut euch Carrie an und fragt euch am Ende, ob ein Mädchen, welches zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens Folter erfährt, am Ende nicht erlaubt ist Rache zu üben.

Es gab mal diesen Tag, an dem ich von einem der Täter eine Kopfnuss bekommen hatte, welche mich zu Boden beförderte. Ich stand auf und schritt traurig und wütend zum Bus, die Idee hervor rufend, meinem großen Bruder von zu erzählen. Ja, der war kaltschnäuzig genug und würde das in die Hand nehmen.
Mit verweinten Augen kam ich in die Küche. Hey, Mutter, ich werde in der Schule ständig verprügelt. Ich leide. Ich will meinem großen Bruder sagen, daß er da gegen vorgehen soll.

Mach das bloß nicht. Du weißt doch, daß der eh schon genug Probleme hat und schon das soll keiner rausfinden. Das macht doch nur Ärger und du weißt, was dann im Haus los ist.

Ja, ich weiß.

Abends will ich nur fernsehen, aber plötzlich springt die Tür auf und ein schäumender Stiefvater betritt den Raum, was meine Schultern zucken lässt.

Siehst du das? Siehst du die Heizkosten? Das ist zum Teil deine Schuld. Willst du das bezahlen? Findest du das gut? Du faule Sau. Du trägst nichts bei. Sitz ruhig weiter hier und faulenze.

Ich.....ich....ich.....

Zwei Tage später habe ich meine Mutter und den Stiefvater zum x-ten Mal beim Ficken gesehen. Es gab einfach keine Rettung. Das Elternhaus war verdorben, der Bruder durfte nicht eingeweiht werden und die Lehrer waren die dümmsten von allen.

"Sprich ihn doch mal an und versuche das mit Worten zu klären."

Hey, du magst doch den Film hier, oder? Er gehört dir.
Wow, danke.
Lässt du mich jetzt in Ruhe?
Nein. Danke für den Film, aber gib mir was neues.

Kein Ausweg. Ich wäre ein großartiger Amokläufer gewesen. Und selbst im Gefängnis hätte ich mir keine Vorwürfe gemacht.

8
Okt
2015

Wounds and Scars

Haigha saß in seinem Zimmer und dachte nach. Eben war er noch mit Freunden auf dem Fußballfeld gewesen und seine Freundin hatte ihn angerufen und gesagt, daß es vorbei war. Das kam nicht wirklich als Überraschung. Haigha war ein schrecklicher Freund gewesen. Ein fleischgewordenes Drama. Die ganze Beziehung war eine Achterbahn gewesen mit sehr viel Übelkeit. Sie sagte, es sei das beste für beide und sie hatte recht.
Jedoch, es war Haighas erste lange Beziehung gewesen. Etwa 18 Monate. Und schlimmer noch, man ging nicht auseinander, weil man sich nicht mehr mochte.
Haigha schaute Jahre später auf einen der Briefe, die er mal von A bekommen hatte. Der erste Satz war: "Du bist immer so traurig. Eigentlich untröstlich." Gut erkannt.
Eistee und Wodka waren das Getränk in der Zeit. Man mag es kaum glauben. aber bisher war Haigha das so genannte Frusttrinken fremd gewesen. Und um ehrlich zu sein, das war es auch nicht. Es war selbstverletzendes Trinken. Als würde man seinem Gehirn eine harte Rechte geben wollen. Geschieht dir recht, du dämliches Ding.
Das waren Haighas alte Zeiten der Selbstverletzung. Hier gab es einen Grund. Allerdings fand er sich hier auch, denn hantierte er von Anfang an nicht mit Klingen, sondern mit glühenden Nadeln. AM steht seit dem auf seinem Unterarm, die Initialen der damaligen Liebe.
Sie fand das immer sehr kurios, doch machte es gleichzeitig klar, daß sie es auch irgendwie romantisch fand.

Mit L war Haigha länger zusammen, nahezu 30 Monate lang. Eigentlich eine lange Zeit. Haigha war nie mit den Eltern seiner jeweiligen Freundinnen gut ausgekommen, bis auf Ls. Man traf sich sogar später nochmal auf einen Kaffee. Andere Eltern erkannten Haigha meistens als das was er war. Jemand, der Menschen, in diesem Fall den Töchtern, nicht gut tat.
L verließ Haigha gleich zweimal. Beim ersten Mal war Haigha in seiner zweitägigen Abschlussprüfung. L rief ihn an und sagte, daß es vorbei sei. 3 Flaschen Rotwein später lehnte Haigha sich aus seinem Bett und erbrach sich in sein Zimmer.
Man kam wieder zusammen. Aber der Schaden war angerichtet. Haigha hatte ein LB in seinen linken Unterarm gebrannt. Ls Freunde sahen das mit einer Faszination und Unbeschwertheit, die ihn später noch oft verwundete. War das nicht irgendwie problematisches Verhalten?
Es war Haighas Leben durch und durch. Seine Innenwelt war in krasser Differenz zur Außenwelt.
"Und, wie war die Klassenfahrt?"
"Ich habe dich irgendwie gar nicht vermisst."
"Lass dich drücken."
Nein, Haigha. Es gibt Probleme."
"Entscheide dich jetzt."
"Ich weiß es nicht."
"Raus aus dem Auto. Machs gut."

Ab hier war die Selbstverletzung ein ständiger Begleiter. Ohne Grund brannte sich Haigha 23 Wunden in den Unterarm. Freunde begannen Zigaretten auf seinem Arm auszudrücken und es war ihm egal. Naja, eigentlich nicht. Es war ihm willkommen.

Haighas dritte und letzte Freundin hatte Probleme mit Zwangsgedanken, was anfangs oft für Probleme sorgte. Eigentlich ist es so nichtig, aber im Irrsinn der Liebe mögen solche Sachen nicht nur großen Raum einnehmen, sondern auch selbstbestätigend sein.
Eines Abends nahm Haigha eine Schere in die Hand, presste seine Haut zusammen und schnitt den gepressten Hauthügel ab. Das Ergebnis war eine tiefe und klaffende Wunde, welche sich nicht entschied von alleine zu heilen. Haigha war bei Bekannten, als diese sahen, daß eine riesige eitrige Wunde an seinem Oberarm speite. Es gab Salbe und einen professionellen Verband. Aber keine Bedenken. Auch hier taten alle wieder so, als wäre Haigha von einem wilden Tier angefallen worden.
Hallo? Ich schneide mir Stücke aus meiner eigenen Haut. Das klingt doch schon fies. Oder nicht? Ich will ja keine Aufmerksamkeit provozieren, aber ihr die es wisst? Wollt ihr mal mit mir reden? Nein? OK.

Danach war Haigha über viele Jahre nicht wirklich selbstverletzend. Wobei, doch. Er war ständig besoffen. Ständig. Und selbst da gab es den ein oder anderen Schnitt, den ein oder anderen Schuss.

Heute ist das Hobby. Haigha ist niemand, der das impulsiv macht. Ich könnte mich am Wochenende mal selbst verletzen. Aber wie? Pistole? Messer? Verbrennen? Wie wäre es mal ein Glas zu zerschmettern und sich mit den Scherben zu schneiden? Naja, mal sehen.

Mittlerweile ziert Haighas Körper sein Lieblingssymbol der Spirale. Er genießt aber auch jede neue Wunde und das Blut. Manche Wunden öffnet er und sieht die geschossenen Projektile in seiner Haut stecken. In der Klinik hatte man ihm eins entfernt, ein Röntgen wurde aber nicht mehr unternommen. Da gäbe es eine Menge zu finden.

"I am not insane, I am angry. I killed because people like me are mistreated every day. I did this to show society, push us and we will push back. ... All throughout my life, I was ridiculed, always beaten, always hated. Can you, society, truly blame me for what I do? Yes, you will. ... It was not a cry for attention, it was not a cry for help. It was a scream in sheer agony saying that if you can't pry your eyes open, if I can't do it through pacifism, if I can't show you through the displaying of intelligence, then I will do it with a bullet." - Luke Woodham

Jeder Stich, jeder Schlitz, jeder Schuss, jede Verbrennung...

Forever Grey - Wounds and Scars

https://www.youtube.com/watch?v=t_1OwkGu30A

5
Okt
2015

#16

Ich sagte am letzten Montag zu einer Freundin, daß ich mich "unmenschlich" fühle. Es ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Aspekten meines Lebens, welche diese Annahme unterstützen. Übergeordnet könnte man sagen, daß man sich von den anderen Menschen einfach so weit entfernt fühlt. Wohlgemerkt nicht körperlich. Aber geistig reden wir von Lichtjahren.

Alles wird zu einer existenziellen Krise. Auf der Brücke zu stehen, in die überfüllte Fußgängerzone zu schauen und zu seufzen. Beim Einkauf von Nahrung, da jedes Vergnügen am Essen Vergangenheit ist, vor dem Schrank zu stehen und in der Irritation das Gefühl zu haben, daß man gleich auf die Knie fällt, wenn man sich nicht konzentriert. Die Verwirrung, daß wenn eine neue Kasse geöffnet wird, die Menschen brutal mit ihren Einkaufswagen ausscheren um Erster an jener zu sein. Die Erkenntnis, daß der zwei Tage alte Salat neben einem anfängt zu schimmeln, während man Fliegen mit der Hand fängt. Die Verstörung, wenn die Haustür klingelt und die Stille, die man fünfzehn Minuten zu wahren probiert. Das "Kein Interesse" was den Fragen von Gutmenschen in der Fußgängerzone geantwortet wird, begleitet von einer Beschleunigung der Schritte. Die Unfähigkeit die Probleme anzufassen, die einem das Leben schwer machen. Dreißig Jahre alt zu sein und nichts erreicht zu haben. Mit dem Kopf mehrmals am Tag auf den Schreibtisch zu fallen und minutenlang da zu liegen.

Nun bin ich auf der Welt allein
Auf weiter, weiter See.
Was seufz´ ich viel um fremde Pein,
Wer seufzt um all mein Weh?

Mein Hund vielleicht wehklagt nach mir
Bis fremde Hand ihn speist,
Wer weiß, ob nicht das treue Tier
Beim Wiedersehen mich beißt.

Mit dir, mein Schifflein, will ich ziehn
Durch schäumend Flußgebraus;
Was kümmert´s mich, wohin wir fliehn,
Ziehn wir nur nicht nach Haus!

- Byron

Gott sei Dank ist mein Hund schon tot.

4
Sep
2015

Nachsitzen

Sportunterricht in der siebten Klasse, an einem Sommer, auf einem grünen Fußballplatz. Haigha war recht neu in der Klasse, da sein Abstieg vom Gymnasium nun hier auf der Hauptschule seinen Abschluss fand.
Sein Ego war zu diesem Zeitpunkt trotz des Falls eigentlich recht gestärkt. Auf der Realschule hatte er Leute bedroht, das Auto des Mathelehrers zerkratzt, Geld geklaut und Läden beklaut. Dazu kamen Zerstörungsanfälle, welche es mit Freunden auf ein örtliches Sägewerk abgesehen hatten, sowie Feuerexperimente in mehreren Waldhäusern. Es gab sicherlich reinere Westen und zurückhaltendere Jugendliche.
Plötzlich, mitten auf dem Wiesenplatz, ein Hieb über den Hinterkopf. Der Täter offenbarte sich schnell und warf Haigha ein freundschaftliches Lächeln zu, implizierend, daß es nicht wirklich böse gemeint war. S sah es offensichtlich als eine Umgangsform, die man ohne weitere Konsequenzen einsetzen konnte. Haigha sah das anders und sagte ihm etwas in der Form von "Fick dich, du Bastard."

Hier passierte etwas. Ein bestimmter Moment im Leben des Hasen. Einer, derjenigen, die er vielleicht löschen würde, wenn es die Gelegenheit gäbe. Nicht nötig lange drüber nachzusinnen, aber bahnte dieser Moment Unmengen von weiteren Problemen. Verfolgung bis in die Gegenwart. Aber allem voran: Demütigung.

S schubste Haigha zu Boden. "Du bist dran, bis später" hieß es. Haigha war nicht beeindruckt. Wenn er glaubt, daß er damit Angst erzeugt ist er schief gewickelt.
Obwohl, hier kamen die ersten noch eher unbekannten Klassenkameraden zu Haigha und sagtem ihm mit besorgten Augen, daß er ein Problem habe.
Echt? Was soll denn das sein?
Ernst wurde die Angelegenheit erst, als Haigha sich auf den Weg zur anderen Schule machen musste. Es gab bestimmte Wahlpflichtfächer, für die die Klasse die Schule wechseln musste, mit einem Fußweg von etwa 20 Minuten verbunden. Haigha begleitete einen Mitschüler, welcher einen riesigen Sack voller Äpfel transportierte, den er offenbar später nach Hause bringen wollte. Dieser betonte auch etliche Male, daß das Leben des Hasen nun praktisch verlebt sei.
Man war drauf erpicht den normalen Weg zu meiden, da mittlerweile entschieden genug Angst eingeredet worden war. Jedoch, der Begleiter war nicht wirklich bedacht zu helfen und sagte beim Kreuzen des normalen Weges auf dem die ganze Schulklasse schon wartete: "Oh, dann kreuzen sich die Wege wohl doch", obwohl es klar war, daß er diesen Weg schon etliche Male gegangen war. Zeit sich dem Schicksal zu beugen, nein, nicht zu stellen.
S kam auf Haigha zu, schwang den ein oder anderen denunzierenden Spruch und schlug ihm 2-3 Mal ins Gesicht bis der Hase mit dem Rücken an einen Baum gedrängt wurde. Keine Lust sich zu wehren, warum auch? Haigha ertrug die Schläge, bis S zugerufen wurde, warum er nicht weiter mache. Dieser antwortete, daß sich sein Opfer ja nicht mal wehren würde. Keine Lust, warum auch?

Jahre später las Haigha davon, daß Bukowski sich mal mit seinem Vater geprügelt hatte. Das wühlte ihn auf. Haigha hätte niemals Goliath herausgefordert. Hier hat doch nichts mit Willen oder Mut zu tun. Stärkere hauen den Schwachen auf die Fresse. Alles eine Frage des Opfers. Jeder kann ein "Stärkere" sein. Aber doppelt aufs Maul bekommen, weil man sich gegen einen übermächtigen Gegner stellt? Das ergab in Haighas Ohren keinen Sinn.

Dreißig Leute sahen bei der Demütigung des Neuen zu und man trennte sich darauf hin. Haigha war im Stolz verletzt und entsprechend seines Wesens war er auf eine Form der Rache aus. Nichts anderes als der Rektor sollte die Person sein, der man sich anvertrauen und um Konsequenzen bitten würde.
Gesagt, getan. Eine Teilschuld leugnend wurde dem Rektor die Situation vorgetragen und die Handhabung sah so aus, daß die zwei im Streit Beteiligten in einen Raum gesperrt wurden um das auszuhandeln. S wurde dementsprechend aus seiner Werkstunde geholt und mit Haigha zusammen gesetzt.
Es gab dann tatsächlich Verhandlungen und es wurde ein Kompromiss ausgehandelt. Die Vorwürfe würden fallen gelassen, wenn eine Art Frieden etabliert würde. Klassische Diplomatie.
Man verabschiedete sich spaßend aus dem zugeordneten Zimmer. Eigentlich hätten alle mit der Verhandlung und dem Ergebnis zufrieden sein können. Es bestand ein beiderseitiges Einverständnis.

Haigha war naiv gewesen und dachte, daß Händeschütteln Geschäfte macht. Ein Fehler, welcher zu diesen paar verkürzten Situationen führte.

Auf dem Weg zur Bushaltestelle kreuzte Haigha S und ein paar seiner Freunde. S hatte sich nie wieder selbst bemüht und seit jeher unterschiedlichste Freunde mit der Handarbeit beauftragt, was künftig das Hinzuziehen einer Autoritätsperson irrelevant machte.
"Hey, du mit den Kopfhörern. Verpiss dich."
Haigha ging einfach weiter. Die Person verfolgte ihn aber und verpasste ihm einen Kopfstoß, was den Hasen zu Boden gingen ließ. Eine Frau stürmte von der Seite aus dem Gebäude und erkundete sich nach dem Wohlbefinden. Haigha machte ihr sofort klar, daß er keine Hilfe wollte.
An der Bushaltestelle kamen dann die großen Ratschläge. Haigha solle zurück gehen und dem Täter eine aufs Maul hauen, so stark sei der doch gar nicht. Es bestand kein Interesse an solchen Aktionen.
An dem Tag kam Haigha nach Hause und gestand seiner Mutter, was passiert war. Der Tipp zur Lösung des Problems war es, sich doch mal beim Rektor zu melden. Damit war die elterliche Hilfsquelle auch abgehakt.

An einem anderen Abend erhielt Haigha eine SMS von seiner Cousine.
"Was hältst du eigentlich von S und P?"
"Ich hasse die Arschlöcher und du solltest dich nicht mit denen abgeben."
"Hier sind S und P. Wir haben nur das Handy deiner Cousine benutzt um dir zu schreiben. Bis Montag."
Naivität wird bestraft. Haigha wäre künftig vorsichtiger.

Monate später auf dem Weg zur Schule erneut eine Begegnung. Dieses Mal mit P.
"Hast du Geld dabei?"
"Nein."
"Lass mich deine Taschen durchsuchen."
"Nur zu."
"Ist das Grippe-Medizin?"
"Ja, ich bin etwas krank."
"Tut mir leid. Gute Besserung"
"Geht schon."
"Zeig mir die andere Tasche."
"Klar."
"Glück gehabt. Nichts dabei. Verpiss dich."
Haigha hatte das Geld im Schuh. Solche Leute gucken nicht in den Schuhen nach. Aber was war das gewesen? Haigha fühlte sich wie in einem Konzentrationslager, wo die Menschen dem Anderen schadeten, weil sie es mussten. Just business, nothing personal. Das war schon mal vorgekommen.

Jahre später saß Haigha Zuhause, bei einem Gemisch von Eistee und Wodka und dachte sich, was nun eigentlich schlimmer gewesen war. Die wenigen Momente der Konfrontation oder die unendlichen Momente der Angst, daß was passieren könnte. Oh, es war genug geschehen und obiges sind nur ein paar Beispiele von etlichen weiteren. Aber dennoch, die Anspannung war zu jeder Schulstunde der Begleiter. Umwege wurden in Kauf genommen um gemeinsame Bushaltestellen zu vermeiden, es wurde Anstrengungen unternommen um ja nie in Blickkontakt zu geraten, in der Pause stand man extra nah am Gebäude und dem Wohnort von S und P näherte man sich prinzipiell nicht, wenn man nicht musste.

Haigha wollte auch kein Mitleid, oder Gespräche oder Therapie. Das war vorbei. Mit seinen wenigen Freunden, welche zeitweise auch Opfer wurden, ging es nur um Rache, Folter und Rückzahlung. Des Einen Leid, des Anderen Leid. Leider wurde weder was aus Auge um Auge, noch was aus Zahn um Zahn.

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