Was ist ein Mörder? (1)
Ich bin mir sicher, daß ich im letzten Beitrag jenes Wort zu selbstverständlich benutzt habe. Ein Mörder ist ein Tätiger, faktisch jemand, der anderen Menschen das Leben nimmt. Aber mein Geist schlägt Pirouetten, denn hier unterscheidet sich der Mörder von etwas anderem. Dieses "Andere" bedarf einer Definition, derer ich nicht nicht schuldig bin. Wörter sind Schall und Rauch. Ich will nur definieren.
Für mich ist ein Mörder ein Opfer. Wohlgemerkt kein Opfer einer schwierigen Kindheit, nicht eines Mobbings, nicht von Schuldruck, nicht von Gewaltspielen oder was es auch alles für Erklärungen gab. Ein Mörder ist Opfer einer Macht. Diese ist selbstständig, stark einnehmend. Sie widerstrebt den Eigenheiten des Menschen, der Liebe, der Zwischenmenschlichkeit. Der Protagonist spürt sie, wie sie sich heranschleicht, sich nähert. Sie zeigt sich im Interesse an Tod, an Verwesung, an Schaden, Blut. Dieses Spektrum reicht von einem minimal morbiden Interesse an düsterer Kunst, bis hin zu sexueller Anziehungskraft von Verwesung. Jeder, der einmal den Mord als Höhepunkt eines Krimis gespürt hat, kann die minimalste Form dieses Phänomens nachvollziehen. Nun stelle man sich vor, daß dieses Gefühl bei manchen Menschen grundlegend vertausendfacht ist. Das ist der Mörder. Er will sich benehmen, er will dazu gehören, doch all seine Gedanken drehen sich nur im das Mörder-sein. Und dabei sind die Überredungskünste des Mörders so stark, daß der innere nette Mensch sich mit ihm verbrüdert, wissend, daß es gegen ihn wirkt, allerdings auch wissend, daß es seine einzige Chance ist, überhaupt etwas zu sein. Unbewusst-bewusst im Äußeren. Richard Dahmer ist die Ausformulierung dieses Wesens.
Was ist nun im Volksmund sonst ein Mörder? Das beste Beispiel dafür ist der Nightstalker Richard Ramirez. Vielleicht war auch er mal Kind dieses oben genannten Widerspruchs, doch übertraf er es. Er hörte nicht die Stimme, er wurde zu der Stimme. Wie ich im letzten Text erwähnte, nicht Empfänger der Stimme des Buchs, sondern die Stimme selbst. Ramirez war ein Monster, eine Person, mit der man keine 5 Minuten in einem Raum überlebt hätte. Völlig im Gegenteil zu vielen anderen.
Mörder sind Besessene. Der Trieb zu Tod und Verderben flüstert ihnen täglich ins Ohr. Dieser Trieb manipuliert nicht nur ihr Sozialverhalten, sondern boykottiert auch jedwede Form von größerem Erfolg in ihrem Leben. Opfer.
Die Liebe sei dir auf ewig versagt.
Das Tor ist hinter dir geschlossen,
Auf der Verzweiflung wilden Rossen
Wirst du durchs öde Leben hingejagt,
Wo keine Freude dir zu folgen wagt.
Dann sinkst du in die ewge Nacht zurück,
Sieh tausend Elend’ auf dich zielen,
Im Schmerz dein Dasein nur zu fühlen!
Ja, erst im ausgelöschten Todesblick
Begrüßt voll Mitleid dich das erste Glück.
Für niemanden war Tiecks Gedicht Melankolie jemals besser bestimmt. Tod ist das einzige Mittel von Befriedigung. Viele Selbstmörder fanden sich glücklicherweise im Freitod, denn hätten sie ihrer sukkubischen Stimme entsprechend ihre Monströsität auch anders erleben können.
(Ende, Teil 1)
Für mich ist ein Mörder ein Opfer. Wohlgemerkt kein Opfer einer schwierigen Kindheit, nicht eines Mobbings, nicht von Schuldruck, nicht von Gewaltspielen oder was es auch alles für Erklärungen gab. Ein Mörder ist Opfer einer Macht. Diese ist selbstständig, stark einnehmend. Sie widerstrebt den Eigenheiten des Menschen, der Liebe, der Zwischenmenschlichkeit. Der Protagonist spürt sie, wie sie sich heranschleicht, sich nähert. Sie zeigt sich im Interesse an Tod, an Verwesung, an Schaden, Blut. Dieses Spektrum reicht von einem minimal morbiden Interesse an düsterer Kunst, bis hin zu sexueller Anziehungskraft von Verwesung. Jeder, der einmal den Mord als Höhepunkt eines Krimis gespürt hat, kann die minimalste Form dieses Phänomens nachvollziehen. Nun stelle man sich vor, daß dieses Gefühl bei manchen Menschen grundlegend vertausendfacht ist. Das ist der Mörder. Er will sich benehmen, er will dazu gehören, doch all seine Gedanken drehen sich nur im das Mörder-sein. Und dabei sind die Überredungskünste des Mörders so stark, daß der innere nette Mensch sich mit ihm verbrüdert, wissend, daß es gegen ihn wirkt, allerdings auch wissend, daß es seine einzige Chance ist, überhaupt etwas zu sein. Unbewusst-bewusst im Äußeren. Richard Dahmer ist die Ausformulierung dieses Wesens.
Was ist nun im Volksmund sonst ein Mörder? Das beste Beispiel dafür ist der Nightstalker Richard Ramirez. Vielleicht war auch er mal Kind dieses oben genannten Widerspruchs, doch übertraf er es. Er hörte nicht die Stimme, er wurde zu der Stimme. Wie ich im letzten Text erwähnte, nicht Empfänger der Stimme des Buchs, sondern die Stimme selbst. Ramirez war ein Monster, eine Person, mit der man keine 5 Minuten in einem Raum überlebt hätte. Völlig im Gegenteil zu vielen anderen.
Mörder sind Besessene. Der Trieb zu Tod und Verderben flüstert ihnen täglich ins Ohr. Dieser Trieb manipuliert nicht nur ihr Sozialverhalten, sondern boykottiert auch jedwede Form von größerem Erfolg in ihrem Leben. Opfer.
Die Liebe sei dir auf ewig versagt.
Das Tor ist hinter dir geschlossen,
Auf der Verzweiflung wilden Rossen
Wirst du durchs öde Leben hingejagt,
Wo keine Freude dir zu folgen wagt.
Dann sinkst du in die ewge Nacht zurück,
Sieh tausend Elend’ auf dich zielen,
Im Schmerz dein Dasein nur zu fühlen!
Ja, erst im ausgelöschten Todesblick
Begrüßt voll Mitleid dich das erste Glück.
Für niemanden war Tiecks Gedicht Melankolie jemals besser bestimmt. Tod ist das einzige Mittel von Befriedigung. Viele Selbstmörder fanden sich glücklicherweise im Freitod, denn hätten sie ihrer sukkubischen Stimme entsprechend ihre Monströsität auch anders erleben können.
(Ende, Teil 1)
Märzhase - 6. Feb, 04:12