11
Feb
2014

Gerichtstermin #1

Richter: Wir finden uns heute ein um den Fall des Herrn Hase zu besprechen. Ihm wird vorgeworfen im Zeitraum vom 1.1.2014 bis 31.3.2014 6 Menschen ermordet zu haben. Herr Hase, plädieren sie auf schuldig oder nicht schuldig?

Märzhase: Nicht schuldig, mit Verweis auf geistige Beschwerden.

Richter: Also nehmen wir nun den Prozess auf. Im Detail wird ihnen vorgeworfen in besagter Zeit 6 städtische Obdachlose mit einer Sichel des Nachts ermordet zu haben. Sie haben zur Beweistilgung deren Körper danach in den lokalen Fluss geworfen. Das Gericht ist der Überzeugung, daß diese Taten mit einem gesunden Geist und geplanter Absicht geschahen. Ich verhöre sie nun und frage sie, ob die Taten geplant waren?

Märzhase: Das waren sie. Ich verspürte seit geraumer Zeit eine Abwärtsspirale welche kontinuierlich von mir Besitz ergriff und in diesen verhängnisvollen Nächten sein Eigenleben entwickelte. Es erschien mir, als gäbe es keine Alternative.

Richter: Also gestehen sie die Taten?

Märzhase: Ja, das tue ich.

Richter: Fühlen sie Reue?

Märzhase: Einerseits nicht, denn war die Tat ein gewissermaßen aktiver Prozess und lief unter dem Motto der Mafia „Just business, nothing personal“. Doch empfinde ich den Verlust der potenziellen Familien und Freunden nach. Das Motto dominiert aber, ich hatte das Gefühl es einfach tun zu müssen.

Richter: Sie sprachen von einer Abwärtsspirale, erläutern sie das.

Märzhase: Mein Leben lang hatte ich das Gefühl mich eher auf der düsteren Seite der Seele wiederfinden zu können. Das lief sehr lange vor sich hin, spitzte sich aber nach und nach zu. In den 6 Monaten vor der ersten Tat erreichte es einen Höhepunkt. Mein Alltag bestand fast ausschließlich im Lesen von Serienmörderbiographien und dem Auseinandersetzen mit ähnlichen Themen, Zwischendurch durchsuchte ich Pornoseiten mit dem Suchbegriff "corpse" oder "blood". Ich hatte einfach den Todesblick. Sicherlich mit meinem Input zusammenhängend ging ich durch die Welt und sah nur Tod. Wenn ein Hubschrauber über mich flog sah ich ihn abstürzen. Wenn ich eine Person sah, die mich ärgerte, und das waren 99% der Menschen, stellte ich mir vor wie ich sie folterte. Die letzte Umsetzung war einfach ein gefühlt natürlicher Schritt.

Richter: Herr Hase, man kann seinen Input bestimmen, genau wie die eigenen Taten. Die Wahl der eigens zugeführten Medien liegt in der Macht jedes Einzelnen. Viele schauen sich aus eventuell sadistischer Neugier solche Sachen an und gehen danach ihrem friedlichen Alltag nach. Sie aber scheinen sich willentlich gefüttert zu haben. Ich sehe da ausschließlich einen bewussten Akt des Selbstverderbens und keine Form von geistigen Problemen.

Märzhase: Eure Ehren, es ist in meinen Augen auch nicht das Planen und das organisierte Durchführen, was für meine Problematik spricht, sondern der Trieb an sich. Religiöse wurden vielleicht von einem Dämon oder Satan selbst sprechen, der von mir Besitz ergriff. Ich selbst habe es gegenüber meiner Therapeutin immer als „dunkle Ecke“ bezeichnet. Ich bin mir sicher, daß jeder von seiner jeweiligen Position abhängig eine andere Bezeichnung für dieses Verlangen hat. Doch möchte ich betonen, daß es von mir Besitz ergriff und ich ihm nicht die Türe zu meinem Wesen offen gehalten habe. Ich möchte mich nicht direkt als Opfer bezeichnen, aber auch nicht als Täter.

Richter: Für das Gericht, Herr Hase, sind sie dadurch Täter, daß sie mit einem Mordwerkzeug das Leben Unschuldiger nahmen. Wir sind hier um das zu besprechen.

Märzhase: Das ist mir bewusst.

Richter: Es ist dem Gericht bekannt, daß sie ein Alkoholproblem haben. Welche Rolle spielte das bei ihren Taten?

Märzhase: Ich war bei den Taten immer angetrunken. Ich betrachte mich als einen Feigling und der Alkohol half auf dieser Ebene.

Richter: Welche Rolle spielte er bei der von ihnen erwähnten Abwärtsspirale?

Märzhase: Eine große Rolle. Ich betrachtete den Alkohol immer als eine Art Schubser in das weitere Verderben. Meine Sucht machte es mir deshalb nicht leichter, denn wollte ich trinken, aber wenn ich trank kamen Fantasien über Mord und Tod.

Richter: Wie viel tranken sie zu diesem Zeitpunkt?

Märzhase: Etwa 2 Flaschen Wein pro Abend. Selten mehr.

Richter: Dem Gericht ist bekannt, daß sie selbstverletzendes Verhalten zeigten. Welche Rolle spielte das?

Märzhase: Eine große. Wenn ich mich betrank und das Dunkle Besitz von mir ergriff war das Zufügen von Wunden eine gute Methode den Drang zu befriedigen. Ich genoss den Anblick des Blutes und war regelrecht froh die Wunden zu sehen. Es machte mich glücklich.

Richter: Taten sie es um Aufmerksamkeit zu erlangen oder um sich umzubringen?

Märzhase: Weder noch. Ich denke, ich empfand einfach den Anblick des Blutes als befriedigend. Nicht sexuell wohlgemerkt, aber ich hatte immer das Gefühl etwas richtig gemacht zu haben.

Richter: All ihre Opfer kamen aus dem sozialen Bereich derer, die man als Obdachlose bezeichnet. Warum waren diese ihre bevorzugten Ziele?

Märzhase: Meine Psychologin weiß, daß ich immer eine sehr paradoxe Verbindung zu Bettlern hatte. Auf der einen Seite war ich immer schnell Freund mit ihnen, weil mein persönlicher Lebensstil mich diesen eigentlich sehr nahe brachte. Ich mochte immer Verzweiflung und Randgruppen, wobei sich beides in dieser Gesellschaftsschicht verbindet. Ich sagte sogar einmal einem Bettler der mich nach Geld fragte, daß ich mich in den nächsten Wochen neben ihn setzen werde, weil auch ich am absteigen bin. Allerdings, wie so vieles war auch hier meine Sicht zu der Situation ambivalent. Die Suchtberatung zog mich mal damit auf, daß ich keinen Satz sagen kann ohne ein „ , aber...“ einzubauen und auch hier ist es nicht ganz so einfach. Auf der anderen Seite habe ich diesen Menschenschlag auch gehasst. Da ich so viel in meiner eigenen Welt lebte, empfand ich deren Betteln als Eindringen und projizierte meinen Hass somit schnell auf sie. Es war eine Art Abwehrreaktion. Außerdem, aus praktischen Gründen, sind sie einfache Ziele. Oft betrunken, des Nachts unterwegs und die Gesellschaft vermisst sie auch nicht wirklich.

Richter: Sie sprachen von ihrer eigenen Welt. Wie sah diese aus?

Märzhase: Mein Leben ist eine Fantasiewelt. Da in meiner Kindheit und Jugend nur Krieg herrschte, konnte ich ohne eine alternative Welt nicht leben. Mein tyrannischer Stiefvater machte mir bis ich wegzog das eigene Heim zu einer Kriegszone. Das Mobbing in der Schule, sowie die verschiedenen aggressiven Schlägerbanden in den umliegenden Dörfern machte auch jede Situation außerhalb des Hauses zu einem Akt permanenter und zwanghafter Aufmerksamkeit. Die Anstrengung nicht aufzufallen war so immens, daß die eigene Imagination ein stetiger Hort war und Sicherheit versprach. Es war quasi alles was ich hatte.

Richter: Das soll es für heute gewesen sein. Weitere Fragen in der nächsten Sitzung. Bringen sie den Herrn Hase wieder in seine Zelle, den anderen Zuschauern wünsche ich noch einen schönen Tag.
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