6
Feb
2014

Eine Wanderung

Wie fühlt sich der Autor dieses Blogs eigentlich im Alltag? Eine Dokumentation dieser Gefühlswelt wurde mal nieder geschrieben und hier ist sie. Auch bereitet unter der Kategorie "Altes" und auch einer der wenigen früheren Texte meinerseits, die ich auch heute noch ohne Ekel lesen kann.

Eine Wanderung

Entgegen der wäldlichen Idylle der bisherigen Wanderungen fängt diese mitten in der Stadt an und findet ihr Ende auch dort. Die Eindrücke zeugen keineswegs von der Faszination über die natürlichen Geheimnisse, sondern vom städtischen Alltag in all seinem durchschaubaren Fatalismus.

Sie beginnt an Stelle X, so trivial wie all die Anlaufplätze, die man täglich so anstrebt. Die Gedanken bewegen sich im eigenen Kosmos, drehen sich um die Tagesplanung, Vergangenheit und Zukunft, Philosophie und die Musik, die man durch Kopfhörer aufnimmt. Die Aufmerksamkeit führt ins Innere, bis zu diesem Zeitpunkt.

Viele Tauben springen über den Gehweg, in ihrer plump und angespannt wirkenden Manier nach Nahrung suchend, pickend und schon längst nicht mehr scheu. Bis auf eine. Diese ist keineswegs angespannt, liegt sie doch mit allen Vieren von sich gestreckt und aus dem Mund blutend mitten auf dem Gehweg. Sicherlich von einem der wenigen Autos überfahren, die den Fußgängerweg durchqueren. Nur ein Vieh, denken sicherlich die meisten. Kein Verlust, gibt eh zu viele. Auch der Autor bleibt nicht stehen, nachdem er den leblosen Körper gesehen hat. Doch prägt sich das Bild ein. Mitgefühl vermischt sich mit Tatendrang. Soll man sie aufsammeln? Begraben? Also, irgendwas sollte man doch machen. Ein Tier, sicherlich, doch ehemals auch ein Leben. Es ist dem Autor zuwider das Leben so verachtend einzuteilen, daß man auf bestimmte Ausformulierungen der Äußerlichkeit unterschiedlich reagieren sollte. Traurigkeit stellt sich ein und mittlerweile liegt die tote Taube auch bereits viele Meter hinter einem.

Irokesenschnitt, Lederjacke mit Anarchie-Patches, und seine Augen circa 30 Zentimeter vor ihm auf sein Smartphone gerichtet. Ob dieser Jugendliche, der dem Autor entgegen kommt, den toten Vogel auch bemerken wird? Sicherlich nicht. Aber warum eigentlich? Nicht nur, weil seine Aufmerksamkeit offensichtlich außerhalb dieses Weges angesiedelt ist. Naja, vielleicht bemerkt er ihn ja auch. Aber wird das auch zu einem inneren Monolog führen oder zur Seite geschoben? Sicherlich nur ein Vieh. Auf der anderen Seite, für den toten Körper selbst wird der Autor einen ähnlichen Unterschied machen wie der Jugendliche. Keinen. Irokesen und Smartphones. Das soll mal einer verstehen.

Den Bettler zu seiner Linken hat er aber definitiv nicht gesehen. Der Autor erinnert sich, eben jenem noch vor wenigen Wochen etwas Geld gegeben zu haben. Dabei weiß er schon, daß es keine wirkliche Hilfe ist. Betteln baut keine Existenzen auf. Vielleicht hat der Mann sich später eine Flasche Schnaps von gekauft. Aber der Blick des Bettlers, als er das Geld bekam, ist dem Autor noch im Gedächtnis geblieben. Es gab kein Lächeln, keine Danksagungen. Er blickte einfach nur mit seinem erschöpften Gesicht mal nicht auf den Boden sondern nach oben. Aber dieses mal bekommt er nichts, weil man ohnehin kein Geld dabei hat. Man glaubt nicht mal bemerkt worden zu sein. Er ist zu sehr damit beschäftigt sich an seinen Hund zu pressen und zu wippen um die Kälte zu bekämpfen. Gleichzeitig ruft Paul Sorvino dem Wanderer mit seinem fantastischen Tenor zu ruhigem Klavier in die Ohren:

GOLD, IT MAKES THE WORLD GO ‘ROUND.
GOLD, IT MAKES THE WORLD GO ‘ROUND.


Die eigene Haustür erscheint wie ein Hafen. Als die Tür ins Schloß fällt sind die Bilder ausgesperrt. Gott sei Dank
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