28
Nov
2015

Pop-Anschauung

Als ich in meinen Teens war, befand ich mich in der Gothic- und Metalszene. Ich war gleichzeitig stark von der Bedeutung dieser ganzen Geschichte überzeugt und beleidigte jeden, der nicht meine Meinung zum Thema teilte. Eines Tages kam dann ein damals vertrauter Bekannter zu mir und sagte "Die Techno-Hörenden sind doch nicht wirklich anders. Die hören andere Musik, tragen andere Kleidung und nehmen andere Drogen."
Keine große Einsicht möchte man meinen. Aber über 10 Jahre später rotiert sie mir immer noch im Kopf.

Politische oder philosophische Szenen sind nie etwas anderes als ein Musikgeschmack. Ein nach dem persönlichen Empfinden und Geschmack aufgebautes Konstrukt, welches versetzt wird mit Pseudo-Lichtgestalten und in den schlimmsten Fällen Propheten.

In der rechten Szene hebt man die Weißbücher der Kommunikation zwischen Polen und Nazideutschland über alles. Ob das nun alles stimmt ist Musikgeschmack. Die einen sagen, daß Polen früher der Aggressor war, die anderen sagen, daß die Weißbücher falsch sind und man sich nicht drauf berufen sollte.
Beide haben ihre Argumente und werden diese nicht ändern.
Der Popstar ist hier übrigens Rudolf Heß, von welchem man sagt, er habe sich gegen Hitlers Aufforderung ins Flugzeug gesetzt um in England persönlich für Frieden zu sorgen. Alles diskutabel, alles musikalisch.

Die Traditionalisten sprechen sehr gerne von Lichtgestalten. Menschen wie René Guénon werden da förmlich in den Himmel gehoben. Die Idee ist, daß es eine Philosophia perennis gibt, einen roten faden in den Religionen.
Der Spaß ist der, daß es da wirklich faszinierend viele gibt. Man kommt da bestimmt auf 10% Gleichheit.
Tja, und auf diese Zahl wird sich gestürzt, sie wird betont, jede einzelne Stelle, jede einzelne Symbolik.
Hier muss auch unbedingt der wichtigste Faktor einer jeder Weltanschauung genannt werden, und zwar, daß es ein bestimmtes Feindbild gibt.
Bei den Traditionalisten sind es die "Profanen", übersetzt, jene die vor dem Tempel stehen. Weiters gibt es die Unterscheidung von "esoterisch", für den eingeweihten Geist, und "exoterisch", für den Profanen. Um nur ein Beispiel zu nennen, die klassische Antwort auf eine moralische Verfehlung von Jahwe im alten Testament würde so aussehen:

"Naja, der Uneingeweihte wird das schon so lesen, aber das profunde Wissen sagt etwas anderes. Ohne die Fähigkeit es in der Originalsprache lesen zu können, kann man das im Grundsatz eh nicht verstehen. Das Problem ist, daß es exoterisch manchen Menschen schadet."

Ich bin nicht hier um zu bewerten, aber manche "esoterische Orden" nehmen Geld für ihre Betrachtungen, während sie ihren Anhängern erklären, daß man die Bibel nicht ohne Kenntnisse der hebräischen oder aramäischen Sprache selbst lesen sollte.
Die Welt ist so einfach.

Ich mag die Anarchisten eigentlich. Sogar Caraco verliert sich an ihnen. Aber alles in allem ist es eine traurige Geschichte. Der Gedanke, daß Machtkonstrukte das eigentliche Problem des modernen Menschens sind. Wie gesagt, ich will nicht werten. Aber ist die Idee nicht allein schon anthropozentrisch?
Gibt es nicht in unsäglich vielen Rassen der Säuger eine Rangordnung?
Ja, unser Gehirn mag es möglich machen sich zeitweise drüber zu erheben, aber am Ende aller Tage?
Um hier mal als Advocatus Diaboli aufzutreten: Was soll uns denn von den Tieren abheben? Wie sieht es denn aus im Kindergarten? Wie im Zeltlager? Wie in den Klassen? Es bilden sich Personen oder Kreise heraus. Ist das gut so? Darum soll es hier nicht gehen.
In den ersten Semestern von "Kultur der Antike" ging der Spaß rum, daß die minoische Kultur ausgegraben wurde und keine Waffen gefunden wurden. Damals habe ich das geliebt und gerne geglaubt. Aber es war falsch, unrealistisch und schnell widerlegt. Schon im ersten Semester.
Was mir auch nie aus dem Kopf ging war eine Geschichte, die ich damals bei der German Nihilist Underground Society gelesen hatte.
Ein Mann baut mit seiner Frau Kartoffeln an und sein Kind spielt auf der Wiese im Umfeld. Das Essen ist gerade genug, aber man macht eben was nötig ist und kriegt sein Leben in den Griff.
Eines Tages tauchen 3 Fremde auf dem Hof auf und sagen zu dir, dem Besitzer, daß sie nicht nur deine Kartoffeln wollen, sondern alle 3 auch Sex mit deiner Frau. Sie haben Gewehre. Du verneinst ihre Anforderungen, BUM, du bist tot.
Ich mag Rousseau auch nicht, aber sein Gesellschaftsvertrag rettet allen Kartoffelbauern ohne Gewehr den Hals.
Ohne zu politisch werden zu wollen, aber ist nicht die Flüchtlingskriminalität in Deutschland genau das? Entweder man wartet auf die Gelder oder man besorgt sie sich mit Gewehr (Gewalt, Diebstahl, Überfall...). In einer solchen Situation heißt es einfach, daß man mit kaltem Blut an warme Speisen kommt. Ich würde klauen.

Philosophen sind dagegen eine sehr simple Spezies. Jede besondere Richtung hat da ihren Boyband-Schönling. Die beliebtesten Solokünstler sind hier Nietzsche, Ziegler, Cioran, Marx, Camus, Machiavelli und so weiter. Man sollte hier beeindruckt sein. Von manchen der genannten gibt es zumindest online keine Fan-Shirts zu kaufen. Hegel hat sich dem unfreiwillig schon lange ergeben.
Ist es nicht merkwürdig zu beobachten, daß manche Menschen ihre Philosophen so hoch halten wie ihren Musikgeschmack, völlig, leugnend, daß beide vergleichbar wären. Ach bitte, als sei nicht beides nur eine persönliche Färbung, gemischt durch Facetten der Vergangenheit.
Suum cuique, wie der Lateiner sagte. Aber Philosophie ist nicht weit von Religion entfernt. Ausgrenzendes Verhalten, Fanatismus und Bigotterie sind dem Philosophen nicht fern. An sich ähnelt sich seine Argumentation nicht besonders gegenüber des Traditionalisten. Man wirft dem Kritiker Unverständnis vor.

Unnütz, jemandem einen Gedanken erklären zu wollen, dem eine Anspielung nicht genügt.

― Nicolás Gómez Dávila

Wer ab jetzt noch zugunsten seiner Anschauung "Ja, aber..." sagen möchte, ist besser in seinem Sumpf aufgehoben. Niemand soll hier überzeugt werden, keine Anschauungen kritisiert, keine Welten umgestoßen.

Aber wenn man mich schon fragen würde; ich will eine Welt ohne Masken.
Hier wurden ja nur wenige Extreme besprochen und ja, ich kann abstrahieren und unterscheiden.

Lasst fahren, lasst gehen.
Es geht bestimmt nicht ums gewinnen, aber ich habe das Gefühl, daß ich der Gewinner bin. Und selbst wenn ich es nicht bin, ich bin ein glücklicher Verlierer. Egal, welche Stimmung gerade die vorherrschende ist, in meinen Augen ist alles Denken Abschaum.

"Schneller, immer schneller, immer weiter abwärts stürmt die Ziele, reißt die Dämme ein. Ketten, die Euch halten, gibt es nicht. Sammelt den Ruhm all Eurer Eroberungen. Eilt mit immer schnelleren Flügeln, voll von Stolz, der durch Eure Siege, durch Eure Eroberungen, durch Eure Reiche und Demokratien immer größer wird. Die Grube muss gefüllt sein, und Dünger ist nötig für den neuen Baum, der flammend Eurem Ende entspringen wird."

- "Zero" in La Torre 1930

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